Kultur Kollaps 

 Im Morgen liegt die Frage - Im Gestern keine Antwort.

Berichte und Gedanken zum Kulturkollaps  


Streams 

Auftakt21. November 2022
Am 21. November 2022 diskutierten im Felsenkeller die Kulturbürgermeisterin der Stadt Leipzig und Vorsitzende des Kulturausschusses des Deutschen Städtetages, Dr. Skadi Jennicke und der Soziologe Prof. Dr. Dieter Haselbach über das Für und Wider von kultureller Förderung. Nach dem Einführungsvortrag „Freie Szene und institutioneller Förderbetrieb. Vom Nutzen und Nachteil von Förderung“ in dem Dieter Haselbach den kulturpolitischen Förderbetrieb kritisch in den Blick nahm, diskutierten beide unter Beteiligung des Publikums über die Systematik tradierter Kulturförderung und die aktuellen Gefahren und Herausforderungen für viele Kulturinstitutionen. 

https://www.youtube.com/watch?v=P0uFv0sPzc4&t=3s


Podium: 24. Januar 2023
 
Am 24. Januar 2023 diskutierten der Intendant der Oper Leipzig, Tobias Wolff, und der Jazz-Manager Reiner Michalke im Werk 2 Leipzig über die Systematik tradierter Kulturförderung und deren Veränderungsmöglichkeiten. Auch unter reger Beteiligung des Publikums sprachen Sie über Herausforderungen in der institutionellen Förderung und der Förderung von Freier Szene und Kulturwirtschaft. 

https://www.youtube.com/watch?v=EUapVZNDq2Q 


Podium: 31. Januar 2023

Im Neuen Schauspiel Leipzig diskutierten Fabian Burstein und Prof. Dr. Matthias Theodor Vogt, dem Vater des „Sächsischen Kulturraumgesetzes“ Fragen zur gesellschaftliche Verhasstheit, dem Kulturauftrag sowie der kulturellen Teilhabe. Auch unter reger Beteiligung des Publikums sprachen Sie über Herausforderungen in der institutionellen Förderung und der Förderung von Freier Szene und Kulturwirtschaft.

https://www.youtube.com/watch?v=6X1gtVVtPew


Podium: 23. März 2023 

Für die abschließende Diskussionsveranstaltung der Reihe im Felsenkeller Leipzig konnte neben dem Journalisten Andreas Rosenfelder, der Ressortleiter Feuilleton „Welt“ und „Welt am Sonntag“ ist, der Theaterintendant, Schriftsteller und Regisseur Steffen Mensching gewonnen werden. In der Diskussion stellte er unter anderem fest: „Letztlich wissen alle, dass das System dringend reformiert werden muss. Und das heißt, dass es zu strukturellen Veränderungen kommen sollte. Diese Bereitschaft zu diskutieren ist derzeit aber leider nicht vorhanden. Und deswegen kommt es zu keinen Veränderungen.“ Des Weiteren nahmen an der Diskussion Peter Matzke und Prof. Michael Kaufmann teil. 

https://www.youtube.com/watch?v=xokMbwOuAP4


Ausschnitt aus der Leipziger Volkszeitung, 22. November 2022, Christian Neffe  

Leipzigs Kulturwirtschaft hat viele Sorgen. Publikumsschwund, Inflation, Energiekrise, angehobener Mindestlohn – steigende Kosten auf der einen, sinkende Einnahmen auf der anderen Seite. Die drohende Folge: der "KulturKollaps" . Weshalb man unter diesem Titel zum Dialog, zur Diskussion, zur konstruktiven Suche nach Perspektiven aufruft. Am Montag war Auftakt im Felsenkeller. 

Jennicke sieht an dieser Stelle sich und die Stadt in der Verantwortung, die gesamte kulturelle Infrastruktur zu erhalten und durch die Krise zu bringen, egal ob Oper oder Kleinkunsttheater. Haselbachs Position hingegen lautet: „Nicht alles kann erhalten werden.“ Und die Gesellschaft müsse sich die Frage stellen, was sie bewahren möchte – und warum: „Was ist etwa der Auftrag einer Oper und wie soll ihr Publikum aussehen?“ Denn, das schwingt bei ihm immer wieder mit, die großen Institutionen seien unbeweglich, hätten eine „Existenzgarantie“, während die anderen, die Kleineren, gezwungen seien, unternehmerisch, wirtschaftlich zu denken und zu handeln. Erneut widerspricht Jennicke, wird dabei auch etwas lauter: Auch geförderte Institutionen hätten implizit und explizit den Auftrag, unternehmerisch zu agieren, und seien durchaus Innovatoren. 

An dieser Stelle kommt dann doch noch jener Hauch von Schärfe in die Diskussion, die sich die Organisatoren Michael Kaufmann und Jörg Folta gewünscht hatten . Die offenbart am Ende des Abends eine klaffende Lücke zwischen Idealismus und Pragmatismus – ob und wie sich beides vereinen lässt, werden die nächsten Monate zeigen. 

https://www.lvz.de/kultur/regional/auftakt-der-leipziger-gespraechsreihe-kulturkollaps-FBNFROQN2KH47WTAG3RMRIOIXA.html 


Ausschnitt aus der Leipziger Internet Zeitung vom 25. Januar 2023, Birthe Kleemann  

Es bringt nichts, diese Punkte gegeneinander auszuspielen“, pflichtete auch der Leiter des Stadtgeschichtlichen Museums , Dr. Anselm Hartinger, bei. Er brachte einen weiteren interessanten Aspekt hinsichtlich der Bewertung nach Förderungswürdigkeit ins Spiel: „Wir haben sehr unterschiedliche Aufgaben. Vielleicht übernehmen die institutionell geförderten Häuser zum Teil ‚Pflichtaufgaben‘, die in der Freien Szene vielleicht niemand wahrnehmen möchte. Im Museum beispielsweise geht es ganz viel darum, Dinge für die Zukunft zu bewahren, Erinnerungskultur aufrechtzuerhalten.“ 

Ob auch die Oper zu diesem unvermeidlichen Bereich der erhaltungswürdigen Kultur gehört, konnte an diesem Abend im Leipziger Süden natürlich nicht geklärt werden. Und sicher wird diese Frage auch in Zukunft nicht eindeutig zu beantworten sein. Einigung brachte das Podium jedoch darin, dass der Kuchen erhalten und im besten Falle vergrößert werden müsste. 

„Die Stadt wird größer, die Bevölkerung wächst – warum nicht auch das Budget für Kultur?“, so Wolff. Er brachte eine weitere Schwachstelle auf den Punkt, der ebenfalls allseitige Zustimmung fand: „Wir haben in der Kultur bisher zu wenige politische Forderungen gestellt. Wir müssten wohl genauso Lobby-Arbeit betreiben, wie beispielsweise die Autoindustrie.“ 

https://www.l-iz.de/kultur/lebensart/2023/01/kollaps-freie-szene-kulturwirtschaft-509597 

Tobias J. Knoblich in “Kulturinfarkt und Elfenbeinturm. Über die Rolle von Streitschriften in der Kulturpolitik“  

Die Krise der Kulturpolitik, die Burstein für manifest hält, ist ebenso eine der Immobilität, aber nicht so vordergründig in infra-struktureller, denn in geistiger Hinsicht. Der Ruf nach einem kulturpolitischen Überbau, nach einer »Renaissance der Neugier«, scheint mir wohltuend.